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Zum Karolinus des Aegidius von Paris

Published online by Cambridge University Press:  29 July 2016

Thomas Gärtner*
Affiliation:
Universitäi zu Köln

Extract

Der Karolinus des Aegidius von Paris (12./13. Jahrhundert), der das Leben Karls des Großen darstellt in einer füstenspiegelähnlichen Form zur Unterweisung des künftigen französischen Königs Ludwigs VIII., wurde 1973 erstmals vollständig ediert von M. L. Colker (Traditio 29 [1973], 199–325). Die Ausgabe enthält einen breiten Testimonienapparat, der neben den historischen Quellen des Autors besonders klassische lateinische Dichter, Vulgatastellen und die Alexandreis des Walter von Châtillon berücksichtigt. Allerdings illustrieren die hier angeführten Dichterstellen oftmals nur gängige Hexameterjunkturen und gemeinplätzige dichterische Motive. Andererseits gehen manche dem Dichter in seinen Formulierungen eindeutig vorschwebende Vorbilder gelegentlich verloren, besonders wenn ihre Auffindung erschwert wird durch variierende Textüberlieferung der Vorlage, syntaktisch unrichtige Auffassung durch den imitierenden Dichter oder in einen völlig verschiedenen Zusammenhang versetzende sprachliche Abwandlung.

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Research Article
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References

1 Eine weitere, wohl ausschließlich gnomologische Variante, die das für mittelalterliche Horazleser offenbar schwierige Pronomen quadam bzw. quodam ganz beseitigte, lautet Est aliquid prodire tenus, si non datur ultra (vgl. Walther, Prov. 7260 und Quint, Maria-Barbara, Untersuchungen zur mittelalterlichen Horaz-Rezeption [Frankfurt a. M., 1988], 70); hiernach Hugo de Mat. Gest. mil. IV prol. 29–30: Est aliquid placuisse quibus, si non datur ultra, / Nec labor humanus perficit omne suum. Nur der Schlußteil des Horazverses wird berücksichtigt in einem erotischen Wunsch (Pseudo-Ovidius, De vetula II 331–32: O utinam nudam videam, si tangere nudam / Non est fas, saltemque semel, si non datur ultra). Google Scholar Die vorliegende Arbeit entstand im Zusammenhang mit einer von der Fritz-Thyssen-Stiftung großzügig geförderten mittellateinischen Forschungsunternehmung.Google Scholar

2 Der Schluß, dem Aegidius müsse wegen seiner Verwendung des Deminutivs modulus (Karol. I 6) die ausgeschriebene Alkuinstelle vorgelegen haben, scheint nicht zwingend: modulus bei Aegidius kann sich leicht etwa als Reminiszenz an Hor. Epist. I 7, 98 erklären.Google Scholar

3 Vgl. Karolinus I 4–5: Non satis exculto … / … stilo. Hat Aegidius, der die Alexandreis öfter zitiert, auch die rhythmischen Dichtungen Walters gekannt? Google Scholar

4 Der figmenta variierende Begriff mendacia stammt aus Carm. pasch. I 22.Google Scholar

5 Am Ende des Karolinus wird die Thebaissphragis als ganzes deutlich imitiert (V 426–35 Vive dehinc …); die Aufforderung an das apostrophierte Werk zur Demut (vgl. Theb. XII 816–17) nimmt hier aber eine ganz andere Wendung, insofern dieses sich ganz dem Dienst an Karls Ruhm hingeben soll (V 430–33: Nil de te presume, precor, sed vertice prono / In laudes Caroli, Karoline, clientulus esto, / In laudes Karoli zelo virtutis amande / Quo potes officio mentem lectoris adito).Google Scholar

6 Vgl. Karol. I 18: lonqe … minore boatu, ferner “captatio benivolencie in susceptore et commendatio Parisiensium,” 81–83 (Aegidius vergleicht sich mit zeitgenössischen Pariser Dichtern): Nec vero dominis exilem confero Musam, / Sed longe cedo, qui nomine clamo minori, / Meque in respectu modicum cognosco poetam. Google Scholar

7 Eine spätantike Imitation: Sidon. Apollin. Carm. 22, Prosaeinleitung § 3: nos vestigia doctrinae ipsius (sc. Anthedii) adorantes coram canoro cygno ravum anserem profitemur (vgl. Delhey z. St.).Google Scholar

8 Die Anticlaudianstelle bildet den einzigen Beleg für diese Motivausprägung gemäß der umfangreichen Materialsammlumg von Walther, H., “Rota Fortunae im lateinischen Verssprichwort des Mittelalters,” Mittelateinisches Jahrbuch 1 (1964): 4858.Google Scholar

9 Auf diese Stelle spielt wohl Henricus Septimellenesis Elegia II 217–20 (Scheltrede des Autors gegen die Fortuna) an: Non semper Marium, nec semper sepe rotatum / Volvis Apollonium: fortior alter erit, / Qui redimens mea probra fero pugnabit agone / Et tibi forsan atrox auferet ille caput. Google Scholar

10 Zur Vermischung der Bilder des Rads und des Mondes vgl. Walther, (Anm. 8) 52.Google Scholar

11 Zu dieser Konstellation vgl. auch Patch, H. R., The Goddess Fortuna in Mediaeval Literature (Cambridge, Mass., 1927), 164–67.Google Scholar

12 Actum credens : credens actum U (Leidensis Vossianus lat. f. 63, saec. x). Weitere Bezeugungen der Wortstellung credens actum in codices deteriores sind bei Weber z. St. aufgeführt. Sie findet sich ferner in der wörtlichen Adaption des Lucanverses bei Alb. Stad. Troil. I 231; vgl. auch Walther, Prov. 16687, besonders “moralium dogma philosophorum,” p. 32, 20 Holmberg (zu Nil actum credens vgl. andererseits Walther 16659).Google Scholar

13 Hier muß von Colkers Interpunktion abgewichen werden, der keine Parenthese markiert und den Relativsatz Que preiit offenbar mit gratia verbindet. Que preiit korrespondiert mit presens und ventura in Vers 401. Diese Beziehung wird bei Colker zusätzlich durch einen Satzschluß am Ende von Vers 400 verunklart.Google Scholar

14 Zur Nachwirkung dieses Vergilpassus bei Lucan, Statius und Silius Italicus vgl. Zwierlein, O., H 110 (1982), 9799; bei Walter von Châtillon dens., “Der prägende Einfluß des antiken Epos auf die ‘Alexandreis’ des Walter von Châtillon.” Abhandlung der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz (Stuttgart, 1987), 85.Google Scholar

15 Vgl. auch Jos. Isc. Yl. II 193–94: sibi commodus uni / Non sperata refert. Google Scholar

16 “Bei unserer Rückkehr nach Paris.” Google Scholar

17 Vgl. die in Colkers Edition dem Karolinus nachgestellte “captatio benivolencie in susceptore et commendatio Parisiensium,” wo die Entscheidung über eine Veröffentlichung des Werks dem Adressaten, Ludwig VIII., überlassen wird (157–60): sed utrum prodire libellus / Debeat in lucem, postquam iam credo supremam / Apposuisse manum, sancto prestolor ab ore / Amplectorque tuum preconsultare favorem. Google Scholar