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Johanneische Ekklesiologie

Published online by Cambridge University Press:  05 February 2009

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In der Johannesexegese ist die Ekklesiologie nur ein Randthema. Wo die Erwähnungen von Taufe und Abendmahl in Joh 3. 5; 6. 51c–58; 19. 34b–35 für literarisch sekundär erklärt werden, stellt sich die theologische Sachfrage nach der Gestalt der johanneischen Ekklesiologie letztlich nicht mehr umfassend. Aber auch dort, wo die extensive Literarkritik nicht das theologische Denken bestimmt, gelten die ekklesiologisch relevanten Texte des Johannesevangeliums nicht als zentraler Ausdruck johanneischer Christologie, so daβ ihnen nur eine uneigentliche Funktion zugebilligt wird. Sie sind für die Erhellung des ‘eigentlichen’ johanneischen Denkens ohne Bedeutung. Beide Ansätze werden dem Jetzttext des Johannesevangeliums, der Theologie des 4. Evangelisten und der johanneischen Gemeinderealität kaum gerecht. Sie resultieren aus literarkritischen und theologischen Vorentscheidungen, die zumindest sehr anfechtbar sind.

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Copyright © Cambridge University Press 1991

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References

1 Vgl. Bultmann, R., Theologie des Neuen Testaments (hg. v. O. Merk, Tübingen: Mohr, 9 1984) 443Google Scholar, der zwar gnostisch geprägte Aussagen über die Gemeinde im Johannesevangelium findet, ansonsten aber konstatiert: ‘Es fehlt auch jedes spezifisch ekklesiologische Interesse, jedes Interesse an Kultus und Organisation.’

2 Vgl. Käsemann, E., Jesu letzter Wille nach Johannes 17 (Tübingen: Mohr, 4 1980) 65Google Scholar, der zu den Auffälligkeiten des 4. Evangeliums rechnet, ‘daβ es keine explizite Ekklesiologie zu entwickeln scheint’. Käsemann unterwirft alle ekklesiologischen Aussagen im Johannesevangelium entschlossen dem Primat des Wortes und raubt ihnen de facto eine eigenständige Bedeutung.

3 Zur jüngsten Methodendiskussion vgl. Schnelle, U., Antidoketische Christologie im Johannesevangelium. Eine Untersuchung zur Stellung des vierten Evangeliums in der johanneischen Schule (FRLANT 144; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987) 1186CrossRefGoogle Scholar; Kügler, J., Der Jünger, den Jesus liebte (SBB 16; Stuttgart: Kath. Bibelwerk, 1988) 1382.Google Scholar

4 Bedenkenswert ist der methodische Klaiber, Hinweis von W., ‘Die Aufgabe einer theologischen Interpretation des 4. Evangeliums’, ZThK 82 (1985) 300–24, 302Google Scholar: ‘Denn gerade für das 4. Evangelium wird man erwägen müssen, ob nicht das Erfassen seiner eigentlichen theologischen Intention eine wesentliche Hilfe auch für eine historische Interpretation sein kann.’

5 Weder, Zu Recht betont H., ‘Die Menschwerdung Gottes’, ZThK 82 (1985) 325–60, 352, ‘daβ der entscheidende Denkansatz des Johannesevangeliums die Inkarnation ist’.Google Scholar

6 Mussner, Vgl. F., Die johanneische Sehweise (QD 28; Freiburg: Herder, 1965) 38 ff.Google Scholar

7 Schnelle, Vgl. U., Christologie, 249–58.Google Scholar

8 Schottroff, Vgl. L., Der Glaubende und die feindliche Welt (WMANT 37; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1970) 228–96.Google Scholar

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10 Ruiz, Zur Analyse vgl. M. R., Der Missionsgedanke des Johannesevangeliums (FzB 55; Würzburg: Echter, 1987) 257–76.Google Scholar

11 Becker, Gegen J., Das Evangelium nach Johannes (ÖTK 4/2; Gütersloh/Würzburg: Mohn/Echter, 1981) 515Google Scholar, der Joh 17. 20 als späten Nachtrag ansieht. Vgl. zur Analyse der Abschiedsreden, die ein ursprünglicher Bestandteil des Johannesevangeliums sind, Schnelle, U., ‘Die Abschiedsreden im Johannesevangelium’, ZNW 80 (1989) 6479.CrossRefGoogle Scholar

12 Okure, Vgl. hier T., The Johannine Approach to Mission (WUNT 2.31; Tübingen: Mohr, 1989).Google Scholar

13 Vgl. zur Bedeutung der Heidenmission bei Ruiz, Johannes M. R., Missionsgedanke, 73162.Google Scholar Die Johannesbriefe setzen sowohl eine rege Tätigkeit johanneischer Wander-missionare (vgl. 2 Joh 7a; 3 Joh 3, 6, 8, 12; 1 Joh 4. lb) als auch planmäβige Heidenmission (3 Joh 5–8) voraus.

14 Während Joh 4. 1 im Rahmen des Itinerars 4. 1, 3, 4 auf den Evangelisten zurückgeht (vgl. J. Becker, Joh I, 166), dürfte Joh 4. 2 eine sekundäre Glosse mit dem Ziel sein, die anstöβige Taufpraxis Jesu an das synoptische Jesusbild anzugleichen; so auch R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes (KEK II; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 191968) 128 n. 4; C. H. Dodd, The Interpretation of the Fourth Gospel (Cambridge: University Press, 1978 = 1953) 311 n. 3. Zudem wird der Gedankengang von V. 1 und V. 3 unterbrochen, und auch sprachlich ist Joh 4. 2 auffällig: кαίτοιγε ist Hapaxlegomenon im NT, und auch das artikellose 'Ιησονς ist ungewöhnlich.

15 Ruiz, Richtig M. R., Missionsgedanke, 336: ‘Dennoch stellt das Missionsgeschehen eine besondere Form des ganzen Heilsgeschehens Jesu und der Kirche dar.’Google Scholar

16 Becker, Gegen J., Joh II, 525, der behauptet: ‘Sendung ist Sammlung der Determinierten, nicht Mission als Ermöglichung von Glaube für jeden.’Google Scholar

17 Bultmann, R., Theologie, 377–8.Google Scholar

18 Wilckens, Vgl. hier U., ‘Der Paraklet und die Kirche’, in: Kirche (FS Bornkamm, G., Lührmann, hg. v. D.Strecker, u. G.; Tübingen: Mohr, 1980) 185203.Google Scholar

19 Mussner, Vgl. F., Sehweise, 5663.Google Scholar

20 Burge, Vgl. dazu G. M., The Anointed Community. The Holy Spirit in the Johannine Tradition (Grand Rapids: Eerdmans, 1987).Google Scholar

21 Zur Analyse der Lieblingsjüngertexte Lorenzen, vgl. T., Der Lieblingsjünger im Johannesevangelium (SBS 55; Stuttgart: Kath. Bibelwerk, 1971).Google Scholar

22 Schnackenburg, Vgl. R., Das Johannesevangelium (HThK IV/3; 4d ed.; Freiburg: Herder, 1982) 233–7.Google Scholar

23 Schnelle, Vgl. U., Christologie, 226–8.Google Scholar

24 Vgl. zu den joh. Ausdrücken für ‘Kirche’ Haacker, K., ‘Jesus und die Kirche nach Johannes’, ThZ 29 (1973) 170201, esp. 180–8.Google Scholar

25 Vgl. umfassend Onuki, T., Gemeinde und Welt im Johannesevangelium (WMANT 56; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1984) 117–82.Google Scholar

26 Vgl. Faulhaber, Doris, Das Johannes-Evangelium und die Kirche (Kassel: Stauda, 1938) 56: ‘Gott will die Kirche als den Ort seiner Agape.’Google Scholar

27 Zur Auslegung von Joh 20. 24–29 vgl. Kohler, H., Kreuz und Menschwerdung im Johannesevangelium (AThANT 72; Zürich: TVZ, 1987) 159–91.Google Scholar

28 Haacker, Vgl. K., Jesus und die Kirche, 189, zur Vorstellung des Stifters vgl. um-fassend ders., Die Stiftung des Heils (AzTh 1/47; Stuttgart: Calwer, 1972).Google Scholar

29 Vgl. zum joh. Taufverständnis Schnelle, U., Christologie, 196213.Google Scholar

30 Vgl. zur ausführlichen Begründung und Auseinandersetzung mit der Literatur Schnelle, U., Christologie, 214–30.Google Scholar

31 Konsequenterweise bleiben die Doketen bei Ignatius der Eucharistie fern, vgl. IgnSm 7,1.

32 Lorenzen, Vgl. zur Analyse T., Lieblingsjünger, 53–9.Google Scholar

33 Bauer, Vgl. hier W., Das Johannes-Evangelium (HNT 6; 3d ed.; Tübingen: Mohr, 1933) 226, der zu Recht bemerkt, daβ der Bezug auf die Sakramente ‘auch durch die Voranstellung des Blutes’ nicht hinfällig wird.Google Scholar

34 Dies ergibt sich schon aus der Grundstruktur der joh. Christuserkenntnis, die verschiedene Zeit- und Sachdimensionen in sich vereinigt. Nicht Johannes, sondern viele Exegeten denken antithetisch!

35 Klaiber, W., ‘Aufgabe’, 316, stellt mit Recht heraus, daβ die gesamte johanneische Soteriologie ‘von der verwandelnden Kraft der Gegenwart Gottes in der Person Jesu bestimmt’ ist.Google Scholar

36 Roloff, Vgl. dazu J., Der erste Brief an Timotheus (EKK XV; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1989) 169–89.Google Scholar

37 Das Fehlen von έκκλησία im Johannesevangelium besagt sachlich überhaupt nichts, denn auch bei Markus fehlt dieser Begriff, ohne daβ ihm eine ekklesiologische Konzeption abgesprochen werden kann!

38 Schweizer, Vgl. hier E., ‘Der Kirchenbegriff im Evangelium und den Briefen des Johannes’, in: ders., Neotestamentica (Zürich: Zwingli, 1963) 254–71, esp. 261–3.Google Scholar

39 Wengst, Dies verkennt K., Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus (BThSt 5; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2 1983)Google Scholar, der fast ausschlieβlich von der historischen Situation her die joh. Ekklesiologie bestimmen will und sie damit funktional begreift und zugleich zur bloβen Funktion reduziert. Zwar kommt der vermuteten historischen Situation der joh. Gemeinden bei der Erhebung der joh. Ekklesiologie eine Bedeutung zu, dennoch gilt: Nicht der postulierte historische Ort, sondern die theologische Konzeption ist der Schlüssel zur joh. Ekklesiologie!