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„Das Opfer war Gebot, war Leidenschaft“: Männlichkeit und Heldentum in Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Published online by Cambridge University Press:  07 March 2023

Sarah Colvin
Affiliation:
University of Edinburgh
Peter Davies
Affiliation:
University of Edinburgh
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Summary

In den Notizen zum nie geschriebenen Roman Die preußische Idee von 1894 findet sich die Bemerkung des alten Fontane, dass diese "Idee” der "Balancierkunst” bedürfe (HA 1.7:505). An seinem Protagonisten Adolf Schulze wollte Fontane zeigen, wie sehr die jeweilige politische Situation und Schulzes Karrierewünsche seine Vorstellung vom wesensmäßigen Kern Preußens bestimmten. Schulze war zunächst Romantiker und März-Revolutionär, dann nationalliberaler Kulturkämpfer und später sogar Sympathisant der Sozialdemokraten. Der Autor plante Schulze satirisch zu überzeichnen und dem Spott des Lesepublikums preiszugeben. Dennoch zeigen sich in Fontanes Entwurf auch autobiografische Elemente und es wird deutlich, wie schwer es einem Verehrer des alten Preußen wie Fontane gefallen sein muss, seine "preußische Idee” mal im Einklang mit, mal in Dissonanz zur offiziellen preußischen Politik und ihrer Erinnerungskultur zu bewahren.

Als Schuljunge erhielt Adolf Schulze — so Fontanes Notizen — einen Brief seines Mentors, in dem dieser beklagt, dass in der Schule die griechischen Helden zu sehr herausgestrichen würden (511–12). Der Mentor empfiehlt das Studium der brandenburgisch-preußischen Geschichte und legt seinem Schützling zwei Anekdoten ans Herz. In der ersten, die die Erstürmung Angermündes durch den Kurfürsten Friedrich Eisenzahn erzählt, stürzt ein brandenburgischer Soldat aus großer Höhe in den Tod und schweigt dabei, denn der Befehl hatte gelautet leise vorzugehen. Dieser Gehorsam der Selbstverleugnung bis in den Tod wird kontrastiert durch einen Vorfall aus der Regierungszeit des Königs Friedrich Wilhelm I. Der jähzornige König schlug danach bei einer Truppenschau einen Obersten. Dieser zog — in seiner Ehre gekränkt — seine Pistole, hielt sie dem König an den Kopf, wandte sie dann gegen sich selbst und erschoss sich. Der fiktive Briefschreiber kommentiert: "nicht nur im Gehorsam lebt diese preußische Idee, sie lebt auch in der Auflehnung und das ist ihre schönste und größte Seite” (512). Auch hier mag beim alten Fontane ein Element der Ironie walten, doch diese Spannung zwischen Gehorsam und Auflehnung kennzeichnet durch die Jahre und in vielen Schriften des Autors beispielhafte Männlichkeit.

Die Darstellungen heldenhafter Männer, die im Folgenden besprochen werden, stehen im Kontext des Werkes in Konkurrenz zu den schönen, kranken, eitlen, nervösen und schwachen Männern wie Schach, Holk, Gordon, Waldemar und Rienäcker. Auch der knarrende Reserveleutnant wird dem älteren Fontane zu einer Last, denn trotz seiner Verehrung für die Armee lehnt er die Militarisierung der preußischen Gesellschaft besonders nach 1870 ab. Sowohl im historischen Setting (Schach) als auch im zeitgenössischen (Rienäcker) sollen diese Figuren zur Warnung dienen.

Type
Chapter
Information
Edinburgh German Yearbook 2
Masculinity and German Culture
, pp. 65 - 80
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2008

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