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“Die Befreiung von Dem Zwang, Hypnose Auszuüben”: Zusammenhänge Zwischen Einer Narrativen Und Theatralen Strategie Der Verfremdung

Published online by Cambridge University Press:  28 October 2020

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Summary

Das titelgebende Zitat stammt aus Brechts Schrift “Über experimentelles Theater” aus dem Jahr 1939, wo es eng mit den Ausführungen zum Thema Verfremdung verknüpft ist. Für Brecht bedeutet dieser Begriff, einem “Vorgang oder … Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende” zu nehmen, um so “Staunen und Neugierde” zu erzeugen. Die so erzeugte Rezeptionshaltung soll die bekannten aristotelischen Kategorien Furcht und Mitleid ersetzen, welche umgekehrt auf der Identifikation von Zuschauern und Bühnencharakteren basieren und das Ziel der Katharsis, der “seelischen” Reinigung verfolgen. Brecht bezeichnet diesen Vorgang der Identifikation bzw. der Einfühlung, der jene Haltung von Furcht und Mitleid erzeugt, wiederholt als “Hypnose,” welche einen rationalen Zugriff auf das Bühnengeschehen geradezu verhindert. Somit geht es Brecht darum, diese literarisch-dramatische Strategie durch seine Technik der Verfremdung zu ersetzen, eine Technik, die Handlung und Figuren “als eigentümlich, auffallend, bemerkenswert darstellt, als gesellschaftliches Phänomen, das nicht selbstverständlich ist.” Dadurch werde sichtbar, inwiefern die Menschen von ihren Verhältnissen geprägt, sowie dass Mensch und Welt, klassisch marxistisch, veränderbar seien, was schließlich zu einer anderen “Haltung” der Zuschauer führe, einer Haltung, die sie dazu befähige, sich selbst und den Zustand der Welt zu verändern.

Im “Kleinen Organon für das Theater” beschreibt Brecht eine solche Taktik der Verfremdung, den so genannten Verfremdungseffekt oder V-Effekt näher: Es handelt sich um einen darstellerischen oder inszenatorischen Kniff, der “den Gegenstand zwar erkennen, ihn aber doch fremd erscheinen lässt.” Das zentrale Ziel des V-Effekts, nämlich Einfühlung zu verhindern, oder, nach dem zuvor Gesagten präziser gefasst, die Ausübung der “Hypnose” zu verhindern, verlangt von den Schauspielern eine bestimmte Körperhaltung und Stimmbehandlung, eine bestimmte Gestik und Mimik, die Auffälligkeiten und Fremdwirkung erzeugen, also eben nicht der aristotelischen, mimetischen Theatertradition folgen. Die Zuschauer sollen nicht durch die überbetonte und unter extremer Körperanspannung der Darstellenden erfolgende Expression der Emotionen begeistert oder mitgerissen werden, stattdessen soll sich der Einsatz schauspielerischer Mittel am alltäglichen Repertoire orientieren. Letzteres schließt komplexe, vielschichtige und auch paradoxe Wirkungen nicht aus, die geeignet sind, inhaltliche Widersprüche der Handlung freizulegen.

Type
Chapter
Information
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2018

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