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Richtungsgewerkschaft und gewerkschaftliche Autonomie 1890–1914

Published online by Cambridge University Press:  18 December 2008

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Das Sozialistengesetz zerstörte, zehn Jahre nach ihrer Entstehung, die Gewerkschaftsbewegung, die 1868 so eifrig begonnen hatte. Die Entwicklung, die damit verschleppt und aufgeschoben war, kam nach Aufhebung des Sozialistengesetzes zum Austrag. Der durch sie her-aufbeschworene Konflikt von Gewerkschaft und Partei 1906 ist als ein Bestandteil der Industrialisierung Deutschlands aufzufassen. Die Überordnung der Partei über die Gewerkschaften gehörte der Zeit an, in der Deutschland verglichen mit England ein industriell unter-entwickeltes Land war. Die Umkehrung des Verhältnisses und die Angleichung an das Modell der gleichzeitig in England entstehenden Labour Party trat mit dem endgültigen Durchbruch zum Industriestaat ein.

Type
Research Article
Copyright
Copyright © Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis 1957

References

page 22 note 1 “Die Schrecken des einseitigen Industriestaates” war der charakteristische Titel einer Schrift, die Lujo Brentano als Beitrag zu der grossen Debatte über Industriestaat und Agrarstaat im Krisenjahr 1901 veröffentlichte.

page 23 note 1 Für den Zeitabschnitt 1890–1914 stehen neben der amtlichen Statistik die ausgiebige Gewerkschaftsstatistik und dann z.B. so aufschlussreiche statistische Untersuchungen zur Verfügung wie: W. Troeltsch und P. Hirschfeld, Die deutschen sozialdemokratischen Gewerkschaften, Untersuchungen und Materialien über ihre geographische Verbreitung 1896–1903, Berlin 1907.

page 24 note 1 Carl Legien, Die Organisationsfrage, ein Beitrag zur Entwicklung der Gewerkschafts bewegung, 1891. „Mit dem am 1. Oktober 1891 eintretenden Fall des Sozialistengesetzes begann man in Deutschland den Gewerkschaften, welche bis dahin als ein wesentlicher Stützpunkt der Arbeiterbewegung dadurch gegolten hatten, dass sich die Genossen, denen eine Parteiorganisation unmöglich war, zusammenfanden, mehr als je zuvor den Charakter einer rein wirtschaftlichen Kampforganisation zu geben.”

page 24 note 2 Der Deutsche Handelstag veranstaltete 1873 zu dem ausgesprochenen Zweck, planmässig gegen die Arbeiterkoalitionen vorgehen zu können, eine Rundfrage unter seinen Mitgliedern: „Der Umfang der Arbeiterorganisationen und die Besorgnis, dass dieselben eine nachteilige Rückwirkung auf die deutsche Industrie haben könnten, sind für den bleibenden Ausschuss des Deutschen Handelstages Anlass” zu diesem Rundschreiben gewesen, heisst es im Deutschen Handelsblatt darüber. Vgl. Maximilian Meyer, Statistik der Streiks und Aussperrungen im In- und Auslande, Leipzig 1907, S. 28.

page 25 note 1 Vgl. Ignaz Auer, Nach zehn Jahren, S. 152. Auer gibt für die achtziger Jahre 16 Auflösungen von 10 lokalen Fachvereinenan, 1868: 4, 1887: 1, 1888: 1. S. 355–356.

page 25 note 2 Auer, a.a.O., S. 145 ff.

page 27 note 1 Die lokalen Fachvereine waren keineswegs als Deckorganisationen der illegalen Partei gegründet worden. Dazu eigneten sie sich schon deshalb nicht, weil sie selber den Verfolgungen des Sozialistengesetzes ausgesetzt waren. Tabakkollegien und gesellige Vereine waren zweckmässiger. Vgl. W. Bloss, Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten. Ein Artikel im Berliner Volksblatt „Politik in der Arbeiterbewegung oder nicht?” befürwortet mit Hinweis auf das bestehende Vereinsgesetz politische Neutralität der Fachvereine. Berliner Volksblatt, Jg. II, 1885, Nr. 295.

page 27 note 2 Berliner Volksblatt, Jg. V, 1888, Nr. 129.

page 27 note 3 Berliner Volksblatt, a.a.O. „Der politische Radikalismus und auch die hier und da zutage tretende Religionslosigkeit bei den Arbeitern würde unser Bürgertum gar nicht genieren, in diesen Punkten denken die Bourgeois in ihres Herzens innerstem Schrein ganz und gar, sozialdemokratisch”…. Was sie aber geniert und ihnen an der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung so ungemein gefährlich und verderblich erscheint, das ist, dass die Arbeiter nach einer menschenwürdigen Existenz streben und zu diesem Behuf auf einen grösseren Anteil an den Erträgnissen ihrer Arbeit Anspruch machen.” „…Wenn das Sozialistengesetz nicht den Zweck mithätte, den Arbeitern das Koalitionsrecht zu verkümmern, wenn möglich ganz zu entziehen, dann würde die Zahl der Verehrer des Ausnahmegesetzes bald ganz bedeutungslos zusammenschrumpfen.” Vgl. auch Berliner Volksblatt, Jg. VI, 1889, Nr. 176.

page 28 note 1 Berliner Volksblatt, a.a.O.

page 28 note 2 Nach Angaben der Generalkommission der Gewerkschaften war die durchschnittliche Monatseinnahme 1877: 33.551 Mk., 1891: 93.000 Mk.; Gewerkschaftszeitungen 1877: 15,1891: 54.

page 28 note 3 Ignaz Auer auf dem Kölner Parteitag, 1893: „Die Kommission hat nämlich einen sehr unglücklichen Geburtstag; sie ist entstanden in einer Zeit, wo auch Gewerkschaftler ihr keine grosse Chance geben.”

page 30 note 1 Protokoll des Kölner Parteitages 1893, S. 186.

page 30 note 2 a.a.O., S. 189. Auer: „Sowie wir diese persönlichen Momente beseitigen, ist die alte Ruhe, der alte Friede wieder hergestellt.”

page 30 note 3 a.a.O., S. 203. Der Parteitagsdelegierte Paul aus Hannover: „Die Tribüne dieses Saales ist nach dem bisherigen Gange dr Debatte zur Guillotine der Gewerkschaftsbewegung geworden.”

page 30 note 4 Protokoll des Berliner Gewerkschaftskongresses 1896, S. 69.

page 31 note 1 Vorwärts, Jg. XII, 1895, Nr. 73.

page 31 note 2 a.a.O.

page 32 note 1 Correspondenzblatt, Jg. V, 1895, Nr. 4, S. 13–15.

page 33 note 1 Bürger, Heinrich, Die Hamburger Gewerkschaften und deren Kämpfe von 1865–1890, Hamburg 1899.Google Scholar

page 34 note 1 Leipziger Volkszeitung, November 1899, Rosa Luxemburg Werke, Herausgeg. von Paul Frölich, Bd. IV, S. 126.

page 34 note 2 Correspondenzblatt 1901, S. 454.

page 35 note 1 Der Reallohn in Preusscn (1900 = 100) sank von 77,7% im Jahre 1890 auf 69,1% im Jahre 1895. Vgl. Carl von Tyszka, Löhne und Lebenskosten in Westeuropa im 19. Jahrhundert, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 1914.

page 38 note 1 Fritz Kater, Führer der Lokalisten, und bis zu seinem Tode in den zoer Jahren das Haupt der „revolutionären Syndikalisten” in Deutschland.

page 38 note 2 Der Reingewinn der Deutschen Bank stieg 1895–1899 von 11.4 auf 20,3 Millionen Mk. Die Emissionen wurden im gleichen Zeitraum verdoppelt. - Nach Calwer, Das deutsche Wirtschaftsjahr 1902, stieg die Durchschnittsdividende 1895–1900 von 7,34 auf 10,96%. - Die Roheisenproduktion stieg 1890–1895 im deutschen Zollgebiet um 0,8 Millionen Tonnen; 1895–1899 um 3 Millionen Tonnen.

page 38 note 3 Im Winter 1895–96 waren erfolgreich 64,5%, erfolglos 20,1% aller Streiks, im Sommer 1896 waren erfolgreich 51.2%, erfolglos 20,7% aller Streiks, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Auflage, I. S. 950.

page 39 note 1 Correspondenzblatt 1901, S. 454.

page 40 note 1 Tyszka berechnete für die Bergarbeiterlohne im Bezirk Dortmund folgende Vergleichsziffern:

page 000 note 1 Wir entnehmen diese Angaben der ausgezeichneten Schrift von Parvus, Die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie, Dresden 1896.Google Scholar

page 000 note 2 1893 zählten die Krankenkassen 7.100.000 Mitglieder, die Gewerkschaften im gleichen Jahr 223.000 Mitglieder.

page 000 note 1 Parvus, a.a.O., S. 31 ff. In der Zeit des Konjunkturumschwungs 1895 hat Parvus (Pseudonym für Helphand) – damals einer der Hauptsprecher für die marxistische Linke in der Partei – um die Entwicklung gewerkschaftlichen Denkens und Handelns in Deutschland sich besonders verdient gemacht. In der zitierten Schrift von 1896 begrüsst er z.B. die zentrale Zusammenfassung der Gewerkschaften in der Generalkommission ebenso wie die Arbeiterschutzgesetzgebung – im Gegensatz zum Standpunkt des Parteivorstands – als Fortschritte. Er sieht im alltäglichen Rechtsbeistand, in der praktischen Durchführung der Fabrikinspekdon, in der Vertretung der Arbeiterschaft in den Krankenkassen Tätigkeitsfelder erstmalig sich auftun, die wichtige, spezifisch gewerkschaftliche Aufgaben und Entwicklungsmöglichkeiten enthalten. „Wir wären froh, wenn man in Deutschland mit den Gewerkschaften so weit wäre wie in England”. A.a.O.

page 000 note 2 Troeltsch und Hirschfeld, a.a.O., S. 184–85.

page 000 note 1 Frankfurter Gewerkschaftskongress 1899, Protokoll S. 219.

page 000 note 2 Neue Zeit, Jg. XVIII, 1900, S. 356 ff.

page 000 note 3 Hué, , Neutrale oder Parteiische Gewerkschaften? Ein Beitrag zur Gewerkschaftsfrage, zugleich eine Geschichte der deutschen Bergarbeiterbewegung, Bochum 1900.Google Scholar

page 000 note 1 Die Gewerkschaften verbänden die Massen gründlicher und auf die Dauer besser, als politische Parteien es könnten, sie allein seien deshalb imstande, „eine wirkliche Arbeiterpartei zu repräsentieren.” Die Äusserung von Marx aus dem Jahre 1869 ist zitiert in: Karl Marx und die Gewerkschaften, herausgegeben von F. Hertneck, Berlin o. J., S. 142.

page 000 note 2 Auf dem Holzarbeiterkongress zu Nürnberg im Jahre 1873 erklärte Zirfas, nachdem er einiges über die Grenzen gewerkschaftlicher Tätigkeit und über die Notwendigkeit politischer Organisation gesagt hatte: „… Der politische Kampf ist in den gewerkschaftlichen Vereinigungen unstatthaft; er muss in der politischen Organisation, der Sozialdemokratischen Partei geführt werden.”

page 000 note 1 Arbeitslosigkeit und Arbeitsvermittlung in Industrie- und Handelsstädten, Schriften des Freien Deutschen Hochstiftes, Berlin 1894.Google Scholar

page 000 note 1 Haenisch, Konrad, Statistisches zur Neutralisationsfrage, Neue Zeit, Jg. XVIII, 1900, S. 596 ff.Google Scholar

page 000 note 1 Neue Zeit, Jg. XXVI, 1908, S. 450 ff.

page 000 note 2 Von den gewerkschaftlich organisierten Parteimitgliedern waren einige auch in den Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereinen und in Lokalverbänden, die nicht an die Generalkommission angeschlossen waren, organisiert.

page 000 note 1 Zirkular Nr. 20 des Parteivorstandes vom 21. Februar 1901.

page 000 note 1 Aktenstücke über den Schiedsspruch in Sachen der Hamburger Akkordmaurer, Berlin 1901, S. II.Google Scholar

page 000 note 2 a.a.O., S. 22.

page 000 note 3 Correspondenzblatt 1901, Nr. 31, Streikbruch und Sozialdemokratie.

page 000 note 1 Vgl. Bebels Berliner Reden vom 25. bezw. 31. Mai 1900 und seine Broschüre: Gewerkschaftsbewegung und politische Parteien, Stuttgart 1900.