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Überlegungen zur Entstehung der altpersischen Keilschrift

Published online by Cambridge University Press:  24 December 2009

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Die besondere Keilschrift, die in achämenidischer Zeit zur Wiedergabe altpersischer Texte verwendet wurde, ist seit mehr als einem Jahrhundert immer wieder der Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Es ist unmöglich, in dem eingeschränkten Rahmen dieses Festschriftbeitrages die einzelnen Auffassungen vorzuführen und kritisch gegeneinander abzuwägen; als Lecoq 1974 das Gesamtproblem darzustellen unternahm, entstand ein Aufsatz von der Stärke eines Buches. Ich sehe keinen anderen Weg, als aus der Fülle der Literatur über dieses Thema in scheinbar apodiktischer Weise jene Argumente für eine Schrift-Konstruktion in achämenidischer Zeit vorzuführen, die mich überzeugt haben und auf denen ich weiterbauen möchte (u. 2.1–2.3), sowie das einzige mir wesentliche Argument gegen eine Erfindung dieser Keilschrift (u. 3) zu erläutern, um dessen Entkräftung ich mich in diesem Aufsatz bemühen werde.

Type
Research Article
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Copyright © School of Oriental and African Studies 1979

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References

1 Die neueren Arbeiten zur altpersischen Keilschrift sind der Bibliographic bei Lecoq 1974, 103–7, zu entnehmen; Beachtung verdienen auch die älteren Bemühungen, die altpersische Schrift aus älteren Schriftsystemen abzuleiten,—was heute nur noch vereinzelt geschieht, s.u. Anm. 15, 29—die bei Weissbach, liv ff. und Jensen 1958, 98 ff. gut referiert werden. Von Lecoq noch nicht erfasst sind die neuesten Arbeiten zur altpersischen Schrift: Hincha 1974, Jensen 1975, Hoffmann 1976, Cohen 1976; s. auch Mayrhofer 1978, § 2–2.3.1.

2 Hallock 1970, 55. Vgl. noch Mallowan, M., Iran, x, 1972, 2 fGoogle Scholar.

3 Archäologischer Anzeiger, 1967, Heft 3, 281 ff.

4 Archäologische Mitteilungen aus Iran, N.F. 1, 1968, 90 ff. Vgl. auch Cameron, G. G., JNES, XXXII, 1973, 51 Google Scholar; von Voigtlander, E. N., The Bisitun Inscription of Darius the Great, Babylonian Version (London, 1978), 2 ffGoogle Scholar.

5 Zuletzt, Darius und die Perser (Baden-Baden, 1976), 28 Google Scholar, 249 (mit Lit.).—Wichtig ist die Vorgängerschaft von Weissbach, lx (‘… kann ich sie nur als ein selbständiges, frei erfundenes, künstliches Gebilde betrachten’), lxvii (‘…dass die ap. Schrift durch Darius eingeführt worden ist…’), lxix; besonders angesichts der irreführenden—mit der üblichen Abkanzelung der späteren Forschung verbundenen—Behauptung Kammenhubers, A., dass ‘WEISSBACH 1911 … noch nicht an eine Neuerfindung der altpers. Keilschrift denken’ konnte (ZDMG, cxv, 1965, 403, Anm. 23)Google Scholar.

6 So Hallock 1970, 54; Lecoq 1974, 66 ff., 84; Lazard, s. G., BSL, LXXI, 1976, 180 ffGoogle Scholar.

7 Hallock 1970, 54 f.

8 Die Möglichkeit der Existenz altpersischer Keilschrift schon unter Kyros II. räumt auch Hoffmann 1976, 622 ein. [Vgl. neuestens Stronach, D., Pasargadae (Oxford, 1978), 102]Google Scholar.

9 Hoffmann 1976, 620 f.; vgl. bereits die Beschreibung in der immer noch lesenswerten Einleitung von Weissbach, lv.—S. auch Hincha 1974, 74 ff., 77, 79, Jensen 1975, 295 ff.

10 Kammenhuber, a.a.O., 403 Google Scholar, die als Parallele die Erfindung einer eigenen Hieroglyphenschrift im Hethiterreich heranzieht.

11 So Eilers 1969, 13, Anm. 29.

12 Die übrigen Argumente bei Lecoq 1974, der eine überaus nützliche und wissensreiche Dokumentation bietet, scheinen mir nicht durchschlagend. Es ist höchst unglaubhaft, dass die an Spätachämenidisches erinnernde Sprache der frühen Kleinkönige Ariaramnes und Arsames ein Provinz- Jargon sei, weil erst die Grosskönige sich Schreiber mit einer Kenntnis der archaischmedisierenden Hochsprache leisten konnten (die dennoch bald nach Dareios I. wieder verfiel), wie Lecoq, a.a.O., 48 ffGoogle Scholar. vorschlägt. Dass die altpersische Schrift die Sprache ihrer Zeit nicht exakt wiedergebe (Lecoq 98), ist durch Hoffmann 1976, 628 ff., 645 überzeugend widerlegt worden. Es gibt keine ‘historische Orthographie’, wie sie bei einer aus alter Zeit ererbten Schrift zu erwarten wäre ( Hoffmann, a.a.O., 643 ff.)Google Scholar.

13 Dazu zuletzt Mayrhofer 1978, § 2.2.2.—An die Schwierigkeiten, die diese scheinbar wahllosen -i- und -u- haltigen Zeichen seinerzeit der Aufhellung der ap. Keilschrift bereiteten, erinnert Borger, R., Persica, VII, 19751978, 17 fGoogle Scholar.

14 Die Erklärung von Paper 1956, 26b wird den Skeptikern wohl nicht genügen: ‘These signs may have been introduced by the inventor-scribe to add an antiquarian or complicating factor to his invention; hence the haphazard and unsystematic candidates for these two series…’. Freilich ist sie der Mentalität vorwissenschaftlicher Schrifterfinder sicherlich gemässer als etwa die scharfsinnig ausgeklügelten, jedoch lebensfernen Konstruktionen von Kurylowicz 1964 (s.u. 4.1.1).

15 Vgl. dazu v.a. das Referat bei Weissbach, lv ff.—Den Versuch, eine grössere Zahl von Zeichen—allerdings im Rahmen einer Schrifterfindung—auf Zeichen einer älteren Schrift, nämlich der semitischen Buchstabenschrift, zurückzuführen, hat in unserer Zeit nur der überkühne Aufsatz von Cohen 1976 versucht. Zu neueren Hinweisen auf die Entlehnung einzelner Zeichen s.u. Anm. 29.—Auf einem anderen Blatt steht die Entlehnung des Graphems für das marginale Phonem /l/ aus der spätbabylonischen oder elamischen Schrift, vgl. Paper 1956. [Dazu anders Oranskij, I. M., Iranskie Jazyki (Moskau, 1963), 46 Google Scholar Anm. 19 (<l> aus <r> differenziert).]

16 Kurytowicz 1964.

17 Auch G. L. Windfuhrs Analyse übertreibt die formale Systematik und ist auf einen richtigen Kern—Stilprinzip und Künstlichkeit der Schrift—zu reduzīeren (vgl. zu ihr Pfeiffer, O. E., FsScherer 46 Google Scholar; Jensen 1975, 294 f.; Hoffmann 1976, 621).

18 Vgl. Friedrich, J., ‘Zu einigen Schrifterfindungen der neuesten Zeit’, ZDMG, XCII, 1938, 183 ff.Google Scholar, besonders 207 (zur ap. Schrift), Geschichte der Schrift (Heidelberg, 1966), 101 Google Scholar; Schmitt, A., Der Buchstabe H im Griechischen (Münster, 1952), 38 f.Google Scholar und Anm. 18, Die Bamum-Schrift, I (Wiesbaden, 1963), 179 und Anm. 1Google Scholar.

19 Vgl. auch Cohen 1976, 2 über den ‘inventor’ (‘…the king no doubt chose the most learned polyglot at his court for this task…’); Cameron, G. G., JNES, XXXII, 1973, 51 ffGoogle Scholar.

20 Kammenhuber, A., ZDMG, cxv, 1965, 403 Google Scholar verleiht dieser Entscheidung sogar das Prädikat ‘genial’—das bei ihr freilich etwas abgewertet ist, da sie auch für Lösungen, die ihrer Meinung nach ‘leider nicht geglückt’ sind, als Trostpreis den Ausdruck ‘genial’ bereithält. Vgl. dazu Wüst, W., Sprache, xx, 1974, 142 Google Scholar.

21 Dazu besonders Friedrich, , ZDMG, XCII, 1938, 206 f.Google Scholar — Mit ‘dem’ Erfinder meinen wir den Mann, der bereits mit *<ku-ru-š;> die Weichen für das Mischsystem der altpersischen Schrift stellte (u. 4.1.2, 4.1.3). Wenn die schon unter Kyros begonnene Schrift noch fūr die BehistunInschrift ausgebaut wurde (u. 5.1), dann waren natürlich mehrere Konstrukteure in verschiedenen Generationen am Werk.

22 Die entgegengesetzte Meinung etwa bei Hincha 1974, 72; s.u. Anm. 24.

23 S. Hoffmann 1976, 626.

24 Gegen Hincha a.a.O., der diese Keilschrift als reine Buchstabenschrift definiert. Zeichen wie <vi>, <du> usw. sind für ihn nur Allographe der Buchstaben <v>, <d> vor <i>, <u>, da er nur <vi-i> = /vi/ etc. als regelhaft anerkennt; Fälle wie <vi> = /vi/ erklärt er als ‘Abweichungen von der orthographischen Norm’, die ‘zum Teil gesondert erklärt werden können’. Leider behält er diese gesonderten Erklärungen für sich.

25 Mayrhofer 1978, § 2.1.3.

26 Lecoq 1974, 52 ff. (mit Lit.) hat mich auch in seiner Polemik gegen Nylander, der die altpersischen Teile der Kyros-Inschriften von Dareios gesetzt sein lässt, nicht überzeugen können.

27 Hallock 1970, 52.

28 So Hoffmann 1976, 621.

29 Es sei hier daran erinnert, dass das wohl als erstes gebrauchte altpersische Zeichen, <ku>, zu den wenigen gehört, die auch heute noch als Entlehnungen aus einer fremden Schrift erwogen werden: s. den vorsichtigen Hinweis auf die ‘auffällige Analogie zum aramäischen Qūf’ bei Hincha 1974, 81 (s. ferner pg. 83 zu <ku> und <z>); nach Jensen 1975, 300 ist <ku> ‘höchst wahrscheinlich dem griechischen qoppa nachgebildet’. Vgl. ferner Cohen 1976, 4 f.—J. Opperts Deutung von <ku> aus dem babylonischen Wort für ‘Sonne’, die durch Justi 168b bekannter geworden ist, hat schon Weissbach, lvii abgetan.

30 Dazu Hoffmann 1976, 621 und Anm. 5.

31 Die unter den Historikern umstrittene Frage, ob der Trāger dieses Namens—der auf mehreren babylonischen Urkunden seiner Regierungszeit genannt wird (Dandamaev-Pohl 126 f.) —‘falsch’ oder rechtmässig war, ist für unsere Argumentation irrelevant.

32 Hoffmann 1976, 642 f.

32a Wir wären dieser Annahme enthoben, wenn der Name mit Harmatta, J., AAntH, XIX, 1971, 7 Google Scholar Kambauǰiya- zu lesen ist. Die Nebenüberlieferungen fordern jedenfalls nicht u(:)-. Für das Griechische hat das schon Harmatta a.a.O. gezeigt; dass im Elamischen (Kán-bu-zi-ya ‘Kambyses’) und Akkadischen (Kam-bu-zi-ya) <Cu> für ap. /Cau/ stehen kann, zeigt die Wiedergabe von ap. <a-k-u-f-č-i-y-> /ākaufačiya-/ durch elam. ha-ku-pi-zi-ya, akkad. a-ku-pi-i-iš. —Zum Kambyses-Namen und iran. *Kambauǰa- s. auch Bailey, H. W., Iran and Islam (in memory of the late Vladimir Minorsky) (Edinburgh, 1971), 65 ff.Google Scholar; Eilers, W., IF, LXXIX, 1974, 54 fGoogle Scholar.

33 Vgl. Hoffmann 1976, 626, wo gezeigt wird, dass dieses Inventar eine konsequente Vokalbezeichnung erlaubt hätte: <b> = /ba/, *<bi> = /bi/, *<bu> = /bu/, <b-a> = /bä/, *<bi-i> = /bi/, *<bu-u> = /bū/, <b-i> = /bai/, <b-a-i> = /bāi/, <b-u> = /bau/, <b-a-u> = /bāu/. Ein Relikt dieses Planes ist dann <vi-š°> = /vi-š°/ in der Vištāspa-Schreibung der BehistunInschrift und gleichartigen Fällen.

34 Vgl. Mayrhofer 1978, § 2.3.1 und Anm. 24.

35 So wohl ursprünglich, statt redundantem °mi-i°; s. Kent 13b, Hoffmann 1976, 626.

36 Über višta° als ‘verlorenes Sprachgut in Eigennamen’ Mayrhofer, s. zuletzt M., Zum Namengut des Avesta (Wien, 1977), 10 Google Scholar, Anm. 19, 37, mit Lit.; Die avestischen Namen (Iranisches Personennamenbuch I, 1), Wien, 1977, I, 97 Google Scholar.

37 Vgl. Pagliaro, A., RALinc, IX, 1954, 146 ff.Google Scholar; Mayrhofer, W. Brandenstein-M., Handbuch des Altpersischen (Wiesbaden, 1964), 103 Google Scholar.

38 Hinz, W., Neue Wege im Altpersischen (Wiesbaden, 1973), 21 f.Google Scholar; Schmitt, R., Monumentum H. S. Nyberg, II (Teheran, Lüttich, Leiden, 1975), 188 Google Scholar; Hoffmann 1976, 626 f.

39 Diakonoff 1970, 105 und Anm. 21, mit Lit.

40 Hinz, a.a.O., 24 Google Scholar; Schmitt, R., a.a.O., 186 fGoogle Scholar.

41 Kent 18b f., Nylander, C., OS 16 (1967), 174 f.Google Scholar; anders Diakonoff 1970, 101, Lecoq 62.