“Aus kleinsten Elementen der Verhaltungsweisen zu konstruieren, was in der aristotelischen Dramaturgie ‘handeln’ genannt wird, das ist der Sinn des epischen Theaters,” schreibt Walter Benjamin 1934 in seinem Essay “Der Autor als Produzent,” wobei er betont, dass die Mittel und Ziele des epischen Theater “bescheidener” seien als die des überlieferten Theaters: Es ziele weniger darauf ab, “das Publikum mit Gefühlen, und seien es auch die des Aufruhrs, zu erfüllen, als es auf nachhaltige Art, durch Denken, den Zuständen zu entfremden, in denen es lebt. Nur nebenbei sei angemerkt,” schließt Benjamin seinen Gedankengang ab, “dass es fürs Denken gar keinen besseren Start gibt als das Lachen. Und insbesondere bietet die Erschütterung des Zwerchfells dem Gedanken gewöhnlich bessere Chancen dar als die der Seele. Das epische Theater ist üppig nur in Anlässen des Gelächters.” Diese Feststellung bringt Brechts Idee des Verfremdungseffekts als Mittel des epischen Theaters auf den Punkt: Statt Gefühl und Identifikation soll beim Publikum eine distanzierte Haltung hervorgerufen werden, um Raum fürs Nachdenken zu schaffen. Brecht betrachtet den Verfremdungseffekt ja explizit als “ein altes Kunstmittel, bekannt aus der Komödie.” Sprich: Der Verfremdungseffekt ist zunächst einmal ein komischer Effekt, der dazu dienen soll, zum Lachen anzuregen.
Vor dem Hintergrund von Benjamins Zusammenfassung der Grundtendenzen epischen Theaters—zunächst in “Der Autor als Produzent,” dann aber auch in seinen beiden Artikeln zum epischen Theater—liest sich die folgende Passage aus dem ersten Teil des Trauerspiel-Buchs wie eine Art Vorspiel zum Nachdenken über das Komische: “Mit dem Intriganten zieht die Komik ins Trauerspiel ein. Sie ist darin jedoch nicht Episode. Die Komik—richtiger: der reine Spaß—ist die obligate Innenseite der Trauer, die ab und zu wie das Futter eines Kleides im Saum oder Revers zur Geltung kommt.” Offenbar ist der Einzug des Intriganten ins Trauerspiel— im ernsten Rahmen der “Haupt- und Staatsaktion”—für Benjamin gleichbedeutend mit dem Einzug einer Figuration des Komischen, die das Trauerspiel in spezifischer Weise re-konfiguriert: Interessanterweise wird Komik hier jedoch nicht als karnevaleskes upside-down-, sondern als eine Art inside-out-Phänomen verstanden, das die ernste Oberfläche des Trauerspiels gleichsam unterfüttert. Bemerkenswert erscheint mir aber auch Benjamins Präzisierung: “richtiger: der reine Spaß,” denn sie wirft die Frage auf, wie das Verhältnis von “Komik” und “reinem Spaß” zu bestimmen sei.