Erasmus Von Rotterdam hat seine Diatribe für einen weiteren Leserkreis besrimmt. Der lector imperitior soll angesprochen werden, also nicht nur der Theologe, sondern vor allem der Laie, denn — so betont Erasmus — crassulis scribimus crassuli (IIa 13; W 32, 1). Schon durch eine klare und überschaubare Disposition des Werkes will Erasmus diesem Leser und seinen Verstehensmöglichkeiten entgegenkommen. So folgt auf eine zweiteilige Einleitung erst im Haupt-teil die eigentliche Diatribe sive collatio, in der Erasmus zunächst jene Bibelstellen behandelt, die für, danach jene, die gegen den freien Willen sprechen. Durch den Widerstreit von Schriftstellen und Beweisen soll die Wahrheit einsichtiger gemacht werden (‘hac collisione scripturarum et argumentorum fiat evidentior Veritas’: la 3; W 3, sf). Angesichts der bei diesem Arbeitsgang aufgedeckten Vielfalt der biblischen Stimmen stehen Autor und Leser dann vor einem hermeneutischen Problem, das Erasmus in die Worte faßt: ‘Quoniam autem spirirus sanctus, quo auctore prodita sunt haec, non potest pugnare secum, cogimur velimus nolimus aliquam sententiae moderationem quaerere’ (IV1; W 77, 5–7). Erasmus will bei der Behandlung dieser Quaestio den Disputator hervorkehren, er will nicht richten und entscheiden, sondern nur prüfen (la 6; W 5, 1 of);ihm geht es als Autor um den Vergleich, nicht um einen Streit (lb 9; W 18, 12). Diese moderatiosententiae wird dann im Schlußabschnitt des Werkes vorgetragen, der mit der berühmten Konklusionsformel endet: ‘CONTULI, penes alios esto iudicium’ (IV 17; W 92, 8).