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Die Anfänge der Johanneischen Schule

Published online by Cambridge University Press:  05 February 2009

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Im Neuen Testament findet sich eine Reihe von Schriften, die man als die johanneischen zu bezeichnen pflegt. Dabei ist nicht so sehr die ‘Offenbarung des Johannes’ gemeint, die als einzige dieser Werke sich ausdrücklich auf einen Verfasser mit Namen ‘Johannes’ bezieht, vielmehr das Johannesevangelium und die drei Johannesbriefe. Die Bedeutung dieser Literatur für das Verständnis der urchristlichen Theologiegeschichte ist kaum zu überschätzen. Im folgenden soll der Versuch unternommen werden, die Frage nach ihrer Entstehung und Geschichte in der Form eines Überblicks zu beantworten. Der an dieser Stelle zu begründenden Auffassung kommt selbstverständlich nur die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit zu, wie sie allgemein für historisch-kritische Urteile festzustellen ist. Doch wird sich zeigen, daß auch der verbreitete Konsens, der heute für die Forschung zur johanneischen Frage charakteristisch ist, sich im Bereich von Hypothesen bewegt.

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References

[1] Bultmann, R., ‘Analyse des ersten Johannesbriefes’, in: Festgabe für Adolf Jülicher (Tübingen, 1927) 138–58Google Scholar; ders., ‘Die kirchliche Redaktion des ersten Johannesbriefes’, in: In Memoriam E. Lohmeyer (1951, 189201)Google Scholar (= Exegetica, 1967, 381–93Google Scholar); ders., Art. Johannesbriefe’, in: RGG 3 (3 1959) 836–9Google Scholar; ders., Die drei Johannesbriefe (KEK XIV, 21969); ders., Das Evangelium des Johannes (KEK II, 201970) (mit Ergänzungsheft).

[2] Robinson, J. M., ‘Die johanneische Entwicklungslinie’, in: Entwicklungslinien durch die Welt des frühen Christentums Köster, von H.Robinson, und J. M. (1971) 223–50Google Scholar; Corsani, B., l mracoli di Gesù nel quarto evangelo (Studi Biblici 65, Brescia, 1983)Google Scholar; Fortna, R. T., The Gospel of Signs (SNTS MS 11, 1970)Google Scholar; Langbrandtner, W., ‘Weltferner Gott oder Gott der Liebe’, BETZ 6 (1977, 373404)Google Scholar; G. Richter, ‘Studien zum Johannesevangelium’ [Teils.], hg. Hainz, von J., Bibl. Untersuchungen 13 (1977).Google Scholar Vgl. auch Cullmann, O., Der johanneische Kreis, 1975.Google Scholar – R. E. Brown behauptet für die Entwicklung des vierten Evangeliums eine Folge von fünf Stufen, die von der (durch Augenzeugen veranstalteten) Sammlung ältester Jesustradition über die theologische Ausarbeitung durch den Evangelisten bis zur Endredaktion führten, in der prophetisches und liturgisches Material zusammengefügt worden sei. Erst im Anschluß daran seien die johanneischen Briefe geschrieben worden: Brown, R. E., The Gospel according to John (AncB 1966, 1970)Google Scholar; vgl. ders., The Epistles of John (AncB, 1982)Google Scholar; ähnlich schon Wilkens, W., Die Entstehungsgeschichte des vierten Evangeliums (Zürich 1958).Google Scholar Gegen diese Hypothese läßt sich einwenden, daß die einzelnen Schichten literarkritisch nicht exakt voneinander abzuheben sind.

[3] Dies gilt insbesondere für die These, der erste Johannesbrief sei als ‘johanneischer Pastoralbrief’ dem Johannesevangelium zeitlich und sachlich nachzuordnen: Conzelmann, H., ‘Was von Anfang an war’, in: Neutestamentliche Studien für R. Bultmann (BZNW 21, 2 1957) 194202Google Scholar; vgl. Vielhauer, Ph., Geschichte der urchristlichen Literatur (1975, 468)Google Scholar – Im übrigen schwankt in der Forschungsgeschichte das Urteil über die zeitliche Folge der Briefe: III–II–I (F.-M. Braun), II–III–I (Wendt, Langbrandtner, Marshall), I–III–II (Bultmann). Die Reihenfolge II–III–I vor dem Johannesevangelium hat m.W. nur H. H. Wendt vertreten; vgl. ders., Die Johannesbriefe und das johanneische Christentum (1925) 7.Google Scholar

[4] Nach der Auffassung von R. Bultmann hat der vierte Evangelist vorsynoptisches Material verarbeitet; ähnlich Dodd, C. H., The Interpretation of the Fourth Gospel (Cambridge 1953CrossRefGoogle Scholar (= 1978)); ders., Historical Tradition in the Fourth Gospel (Cambridge 1963).Google Scholar – R. Gyllenberg vertrat im Anschluß an R. Bultmann die These, das johanneische Christentum sei älter als das synoptische und habe mit dem (gnostisierenden) Kreis um Johannes den Täufer in Verbindung gestanden (‘Die Anfänge der johanneischen Tradition’, in: Neutestamentliche Studien für R. Bultmann (BZNW 21, 1954) 144–7).Google Scholar

[5] Vgl. die lehrreiche Darstellung Haenchen, von E., ‘Neuere Literatur zu den Johannesbriefen’, ThR NF 26 (1960) 143Google Scholar, 267–91 (bes. 9–12, 15–20). Auch R. E. Brown lehnt die Vermutung der Quelle wie der kirchlichen Redaktion ab und erklärt die Stildifferenzen mit der Aufnahme von gegnerischen Wendungen durch den Verfasser (Epistles [s.o. Anm. 2] 42).

[6] Zweifellos weist die Thoraauslegung des Rabbinismus zu den philosophischen Schulen der griechischen Welt eine Parallele auf, deren Anfänge bis in die neutestamentliche Zeit zurückreicht. Wilhelm Bousset hat in seinem Werk Jüdisch-christlicher Schulbetrieb zu Alexandria und Rom gezeigt, daß sowohl der Jude Philo wie auch der christliche Theologe Clemens von Alexandrien in ihren Schriften ‘Schulgut’ weitergegeben haben (FRLANT NF 6, 1915, 253 f., 267). Das bedeutendste Beispiel für die Geschichte der Alten Kirche sind die theologischen Schulen von Alexandria (Cyrill) und von Antiochien (Diodor, Theodoret), die in den christologischen Streitigkeiten des 5. Jahrhunderts unterschiedliche Standpunkte vertraten und ein theologisches Grundproblem für die Folgezeit maßgebend aufgeworfen und kontrovers geklärt haben.

[7] In den sogenannten Reflexionszitaten hat der erste Evangelist vermutlich eine Testimoniensammlung benutzt, die vor ihm von schriftgelehrten Theologen zusammengestellt worden war. Zudem verweist seine Verwendung von ‘runden Zahlen’ auf einen schriftgelehrten Hintergrund. Auch wenn man nicht von einer ‘Schule des Matthäus’ sprechen sollte, so lassen sich doch Elemente von Schultradition nachweisen, die der Schriftgelehrte Matthäus selbständig verarbeitete (vgl. auch Schweizer, E., Matthäus und seine Gemeinde (1974) 71).Google Scholar

[8] Paulus und die Weisheit’, NTS 12 (1965/1966) 231–44.Google Scholar – Die von Paulus und seinen Schülern ausgearbeiteten Traditionen riefen Nachahmungen hervor. In einem weiteren Sinn lassen sich auch die Verfasser der deuteropaulinischen Briefe der Schule des Paulus und ihrem Wirkungsbereich zurechnen (2 Thess, Kol, Eph, Past, entfernter auch 1 Petr).

[9] Eine Mehrzahl von freilich einander nicht gleichgewichtigen Kriterien nennt Culpepper, R. A., The Johannine School. An Evaluation of the Johannine School Hypothesis Based an an Investigation of the Nature of Ancient Schools (SBL Dissertation Series 26, Missoula/Montana, 1975).Google Scholar

[10] Vgl. Bornkamm, G., Art. πρέσβυς κτλ, ThWNT 6 651–80Google Scholar; Rohde, J., Art. πρεσβύτερος, EWNT 3 356–9.Google Scholar – Um den Zusammenhang mit der von Papias bezeugten, kleinasiatischen Presbytertradition herauszustellen, wird im folgenden der Ausdruck ‘Presbyter’ durchgehend beibehalten werden, ohne daß hiermit das Verständnis des Wortes als einer Amtsbezeichnung notwendig verbunden ist (vgl. auch unten Anm. 36).

[11] Die in diesem Aufsatz gebrauchten Abkürzungen für die johanneischen Schriften sind: Joh = Johannesevangelium, I = 1 Joh, II = 2 Joh, III = 3 Joh.

[12] Vgl. Dodd, C. H., The Johannine Epistles (London, 3 1953) 149Google Scholar; Schunack, G., ‘Die Johannesbriefe’, ZBK 17 (1982) 115.Google Scholar

[13] Meinem Mitarbeiter Dr. Udo Schnelle verdanke ich die nachträgliche Erkenntnis, daß die futurische Deutung schon von E. Schwartz vertreten wurde (Aporien im vierten Evangelium I, NGWG. PH 1907, 368 Anm. 3).

[14] Johannesbriefe (s.o. Anm. 1) 107; ebenso Balz, H., Die Johannesbriefe (NTD X 1, 1973) 207.Google Scholar

[15] Vgl. für das Neue Testament: Röm 8. 17 f.; Phil 3. 20 f.; so ist es für den παρουσία-Gedanken in 1 Thess 2. 19; 3. 13; 4. 15 u.ö. vorauszusetzen.

[16] 1 Kor 15. 23–28. – Der Ausdruck ετα τοτέλος (V. 24a) markiert die abschließende Periode des Enddramas: Übergabe des Christusreiches, Vernichtung jeder Herrschaft, darunter auch des Todes als des ‘letzten Feindes’. Dieses τέλος ist also noch nicht mit der Parusie, welche die Auferstehung der Christusglaubenden bringen wird (V. 23c; anders der vorpaulinische Hymnus: Phil 2. 11), und schon garnicht mit der Inthronisation des Christus gegeben. Die zeitliche Folge wird durch επειτα – ετα (V. 23c, 24a) unterstrichen und ist im Wort τάγματα (V. 23a) impliziert; zu Conzelmann, H., Der erste Brief an die Korinther (KEK V, 11 1969) 331 f.Google Scholar; Wolff, Chr., Der erste Brief des Paulus an die Korinther, Zweiter Teil: Auslegung der Kapitel 8–16 (ThHNT VII 2, 1982) 181Google Scholar; vgl. dagegen auch Böcher, O., Art. ‘Chiliasmus’ I, TRE 7 (1981) 727Google Scholar (mit Hinweis auf 1 Kor 6. 2 f.).

[17] Daß vor dem Anbruch des neuen Äons und vor der Auferstehung der Toten ein Messiasreich aufgerichtet werden wird, ist Gegenstand jüdisch-apokalyptischer Hoffnung (vgl. 4 Esr 7. 26 ff.: vierhundertjähriges Messiasreich; Apk Bar 30). Diese Anschauung, für die im folgenden der Begriff ‘Chiliasmus’ gebraucht wird, ist nicht notwendig an die Vorstellung eines tausendjährigen Zwischenreiches gebunden.

[18] Vgl. Euseb, h.e. V 18,2; Epiph., haer 48,15,1–49,1,3; dazu Aland, K., ‘Der Montanismus und die kleinasiatische Theologie’, ZNW 46 (1955) 109–16.CrossRefGoogle Scholar

[19] Vgl. dial. 1,1; Euseb, h.e. IV 18,6.

[20] Iren, haer. V 23.33; vgl. Euseb, h.e. V 20,5 ff.

[21] Euseb, h.e. III 28,2: ‘Und Cerinth gibt uns in Offenbarungen, die den Anschein erwecken, als wären sie von einem großen Apostel geschrieben, wunderliche Berichte, von welchen er fälschlich behauptet, daß sie ihm von Engeln gegeben worden seien. Er sagt nämlich, daß nach der Auferstehung das Reich Christi auf Erden sein werde und daß die Leiber in Jerusalem leben und sich wiederum Leidenschaften und Vergnügungen hingeben werden. Und im Widerspruch mit den Schriften Gottes und in verführerischer Absicht erklärt er, daß ein Zeitraum von tausend Jahren in freudiger Hochzeitsfeier verfließen werde’ (Übersetzung von H. Kraft in: ders., Eusebius von, Caesarea, Kirchengeschichte (1967) 178Google Scholar).

[22] Euseb, h.e. III 39,11 f.: ‘Papias bietet aber aufgrund mündlicher Überlieferung auch noch andere Erzählungen, nämlich unbekannte Gleichnisse und Lehren des Erlösers und außerdem noch einige sonderbare Berichte. Zu diesen gehört seine Behauptung, daß nach der Auferstehung der Toten tausend Jahre kommen werden, in denen das Reich Christi sichtbar auf Erden bestehen werde. Nach meiner Meinung hat Papias diese Anschauung zusammen mit alten Erzählungen der Apostel aufgenommen, wobei er das, was die Apostel geheimnisvoll in Andeutungen gesprochen hatten, nicht verstanden hat’ (Kraft, H., a.a.O. 19Google Scholar).

[23] 15,4 f. – Nach J. Quasten bezeichnet der 7. Schöpfungstag den Anbruch des ‘sabbath of the millenial kingdom (15, 1–9)’, Patrology I. The Beginnings of Patristic Literature (Utrecht 1950) 89Google Scholar); anders Prigent, P., L'épître Barnabé I–XVI et ses sources (Paris 1961) 67 f.Google Scholar; ders., Épître de Barnabé (SChr 72, Paris 1971) 40 f.Google Scholar, 185; Wengst, K., Tradition und Theologie des Barnabasbriefes (AKg 42, 1971) 50.Google Scholar – Daß im Barnabasbrief das siebte Jahrtausend nicht ausgeführt wird, ist durch die Überschneidung mit der anschließend vorgetragenen Vorstellung vom B. Tag als dem Tag der Auferstehung Jesu motiviert (15. 8); jedoch ist die Feststellung ‘Der Tag bezeichnet nämlich bei ihm tausend Jahre’ (15. 4) nicht sicher auf die voraufgehenden sechs Tage zu begrenzen.

[24] 6. 9; vgl. ähnlich 7. 9; auch 6. 14, 19; dazu Windisch, H., Der Barnabasbrief (HNT Ergbd. Apostolische Väter III, 1920) 346.Google Scholar –Anders Schnackenburg, R., Die Johannesbriefe (HThK XIII 3, 41970) 312 f.Google Scholar

[25] Dazu Böcher, O., Art. ‘Antichrist’, TRE 3 (1978) 21–4.Google Scholar

[26] JohApk 11. 18; 22. 12; Bam 20. 2; 21. 3; vgl. Dan 12. 1 f.; PsSal 3. 12; 9. 5; 13. 1; äth Hen 37. 4; 40. 9; 4 Esr 14. 35; sBar 14. 13 u.a.; dazu Preisker, H., Wörthwein, E., Art. μισθός κτλ., ThWNT 4 699736.Google Scholar

[27] Bultmann, Anders R., Die Johannesbriefe (s. oben Anm. 1), 99Google Scholar, wonach der in V. 9 vorausgesetzte Brief ein Empfehlungsschreiben für die Brüder gewesen sei und daher mit dem zweiten Johannesbrief nicht identisch sein könne. Jedoch geht aus V. 9 nur hervor, daß der Presbyter schon früher einmal an die Gemeinde geschrieben hat. Der unmittelbare Kontext bezieht sich nicht auf die Brüder, die der Gemeinde des Diotrephes empfohlen worden seien, sondern auf die Tatsache, daß ‘wir’, d.h. der Presbyter und die von ihm repräsentierte Gruppe, von Diotrephes abgewiesen wurden (V. 10a). Dies läßt sich als Zurückweisung des Autoritätsanspruches, wie er im zweiten Johannesbrief erhoben wird, verstehen.

[28] 21964; im zweiten Teil des Nachtrages habe ich ‘Die Aufnahme des Buches’ dargestellt; sie belegt, daß Bauers These ein überwiegend positives Echo hervorgerufen hat. Selbst kritische Äußerungen haben den Rang des Werkes zu würdigen gewußt. Nur bei einigen wenigen neueren Stimmen in der deutschsprachigen Zeitschriftenliteratur ist dies nicht der Fall.

[29] Käsemann, E., ‘Ketzer und Zeuge’, ZThK 48 (1951) 292311Google Scholar (= Exegetische Versuche und Besinnungen 1 (6 1970) 168–87).Google Scholar

[30] Bultmann, R., ‘Die Bedeutung der neuerschlossenen mandäischen und manichäischen Quellen für das Verständnis des Johannesevangeliums’ in: ders., Exegetica (1967) 55104Google Scholar; Bauer, W., Das Johannesevangelium (HNT VI, 3 1933) 244 ff.Google Scholar – Die vermuteten Parallelen der Theologie des Ignatius von Antiochien zur johanneischen Schule lassen sich schwerlich zugunsten von deren Entstehung in Syrien auswerten.

[31] Wengst, K., Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus. Der historische Ort des Johannesevangeliums als Schlüssel zu seiner Interpretation (Biblisch-Theologische Studien 5, 1981)Google Scholar; Martyn, J. L., History and Theology in the Fourth Gospel (New York 1968).Google Scholar

[32] Iren, haer III 11; Euseb, h.e. V 8,4.–Hierzu stimmt die Verbindung des Kleinasiaten Cerinth mit der johanneischen Tradition, auch, daß die Auseinandersetzung um Johannesevangelium und Johannesapokalypse zwischen Montanisten und Alogern in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts in Kleinasien zu lokalisieren ist.

[33] Vgl. Euseb, h.e. III 39,4 ff.

[34] Vgl. Iren, haer II 222,5.

[35] Aus dem Bericht des Papias geht hervor, daß die ‘Presbyter’ Aristion und Johannes, die auch als Herrenjünger bezeichnet werden, noch lebten (Euseb, h.e. III 39,4: λέγουσω); Euseb erschloß aus dieser Notiz, daß Papias beide Gewährsmänner persönlich gekannt habe (39,7).

[36] In diese Richtung weist G. Bornkamm, wenn er den Titel ‘im Sinn der “Alten” verstehen (möchte), die Papias und einige der späteren Kirchenväter als Schüler der Apostel und Garanten der auf sie zurückgehenden Tradition bezeichnen’ (ThWNT VI 671 f.). Allerdings ist das Übersetzungsproblem hiermit noch nicht entschieden; selbstverständlich könnte der ‘Alte’ als Angehöriger der älteren Generation, ‘die als Übermittler authentischer Überlieferung und zuverlässiger Lehre’ gilt (Bornkamm, a.a.O. 676), auch die Amtsbezeichnung ‘Presbyter’ getragen haben.

[37] Vgl. die Schilderung des neuen Äons, die der Erwartung des Kommens des Christus έν σαρκί angemessen ist und im apokalyptischen Schrifttum des Judentums Vorbilder hat, bei Irenaeus (haer V 33,2). Danach handelt es sich um eine Lehre des Herrn, die von Johannes überliefert, von den ‘Presbytern’ weitergegeben und von Papias erwähnt wurde; siehe M. Hornschuh, ‘Die Apostel als Träger der Überlieferung’, in: Hennecke, E.Schneemelcher, W., Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung 2 (3 1964) 45.Google Scholar

[38] Dies entspricht der historischen Tatsache, daß die Anfänge der urchristlichen Theologie weitgehend apokalyptisch geprägt gewesen sind; vgl. Käsemann, E., ‘Die Anfänge christlicher Theologie’, ZThK 57 (1960) 162–85Google Scholar (= Exegetische Versuche und Besinnungen 2 (1964) 82104Google Scholar); Bultmann, R., ‘Ist die Apokalyptik die Mutter der christlichen Theologie?’, Apophoreta (FS Ernst Haenchen, BZNW 30, 1964) 64–9.Google Scholar

[39] Philo, op. mundi 170–172; somn. II 248; post. 122; gig. 28; spez. leg. III 49; vgl. Bultmann, R., Art. ἄγνωστος, ThWNT 1 122.Google Scholar

[40] Zu Bergmeier, R., Glaube als Gabe nach Johannes (BWANT 112, 1980) 200 ff.Google Scholar; ders., Zum Verfasserproblem des II. und III. Johannesbriefes’, ZNW 57 (1966) 93100.Google Scholar

[41] Es ist ein Hinweis auf die literarische Eigenständigkeit des ersten Johannesbriefes, daß nur hier im johanneischen Schrifttum der Begriff ‘Bruderliebe’ erscheint (2. 10; 3. 14; 4. 21).

[42] Vgl. schon Widengren, G., Tradition and Literature in Early Judaism and in the Early Church (Leiden 1963) 62 ff.Google Scholar

[43] Die Veränderung des Irrlehrerbildes ist gegenüber dem zweiten Johannesbrief deutlich erkennbar: Die Gegner, die aus der Gemeinde des Verfassers stammen, bestreiten, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist (4.2) beziehungsweise Jesus der Christus ist (2. 22). Gehören sie ursprünglich zur johanneischen Gemeinde (2. 19), so erheben sie wie diese den Anspruch auf Gotteserkenntnis (2. 4: γνωоις) und Gottesgemeinschaft (1. 6). Nichts kann stärker die lebendigen Diskussionen illustrieren, die sich im Kreis der johanneischen Schule vollzogen haben.

[44] So auch Wendt, H. H., ‘Die Beziehung unseres 1 Joh auf den 2 Joh’, ZNW 21 (1922) 140–6CrossRefGoogle Scholar; zumeist als ‘stilistische Variation’ verstanden; vgl. Bultmann, R., Johannesbriefe (s.o. Anm. 1) 36Google Scholar; Schnackenburg, R., Johannesbriefe (s.o. Anm. 24) 125Google Scholar; H. Balz (s.o. Anm. 14) 179; Wengst, K., Der erste, zweite und dritte Brief des Johannes (ÖTK XVI, 1978) 89Google Scholar; Brown, R. E., Epistles (s.o. Anm. 2) 295.Google Scholar

[45] Die Inanspruchnahme der Augenzeugenschaft in 1. 1–3 läßt fragen, ob schon der Verfasser des ersten Johannesbriefes Presbyter und Zebedaiden miteinander identifizieren wollte, wie dies später bei Irenäus der Fall ist. Vgl. auch die künstlich-herablassende Anrede τεκνία (2. 1, 12, 28; 3. 7, 18; 4. 4; 5. 21); anders III 4 (τ⋯ ⋯μ⋯τέκνα) und II 13 (τ;α τέκνα της άδελøης. Daß das Wort τεκνία auch Joh 13. 33 erscheint, beweist nicht die Abhängigkeit des ersten Johannesbriefes vom vierten Evangelium (so Culpepper, R. A., Johannine School [s.o. Anm. 9] 302Google Scholar), sondern ist ein Hinweis auf die im späteren johanneischen Schrifttum erkennbare Tendenz zur Autoritätssteigerung, indem im Johannesevangelium Jesus, im ersten Johannesbrief der Verfasser als Augenzeuge zur autoritativen, die Tradition normierenden Gestalt wird.

[46] So wird es u.a. vorausgesetzt von Bultmann, R., Evangelium des Johannes (s.o. Anm. 1) 85 f.Google Scholar (den Synoptikern verwandte schriftliche Quelle); Dodd, C. H., Interpretation 444–53Google Scholar (449: ‘The prima facie impression is that John is, in large measure at any rate, working independently of other written gospels’); Noack, B., Zur johanneischen Tradition (Kopenhagen 1954Google Scholar) (Johannes benutzte keine schriftliche Quelle, sondern schrieb sein Werk aus dem Gedächtnis). Haenchen, Auch E., ‘Johanneische Probleme’, in: ders., Gott und Mensch (1965) 78113Google Scholar; Becker, J., Das Evangelium des Johannes (ÖTK IV 1, 1979) 36–8Google Scholar, und Smalley, S., John. Evangelist and Interpreter (Exeter 1983) 1338Google Scholar, meinen, Johannes verwende nur den Synoptikern vergleichbare Traditionen, ohne daß eine literarische Beziehung bestehe.

[47] So hat A. Dauer versucht nachzuweisen, daß der Evangelist in der Passionsgeschichte eine vorjohanneische Quelle benutzte, die mündliche und schriftliche synoptische Überlieferungen verwendete: Die Passionsgeschichte im Johannesevangelium (STANT 30, 1972).Google Scholar Eine Kenntnis zumindest des Markusevangeliums durch den Evangelisten Johannes nehmen an Barrett, C. K., The Gospel according to St. John (London2 1978) 4254Google Scholar; Blinzler, J., Johannes und die Synoptiker (SBS 5, 1965)Google Scholar; Kümmel, W. G., Einleitung in das Neue Testament (20 1980) 167–70Google Scholar (Joh hat Mk und Lk gekannt). Für eine direkte literarische Abhängigkeit des Johannesevangeliums von den Synoptikern treten ein F. Neirynck, ‘John and the Synoptics’, in: de Jonge, M. (Hg.), L'Évangile de Jean. Sources, rédaction, théologie (BEThL 44, 1977) 73106Google Scholar; ders., Jean et les synoptiques (BEThL 49, 1979)Google Scholar; M. Sabbe, ‘The Arrest of Jesus in Jn 18, 1–11 and its Relation to the Synoptic Gospels’, in: de Jonge, M. (Hg.), L'Éangile de Jean, 203–34.Google Scholar Eine Analyse der wichtigsten Texte unter redaktionsgeschichtlichem Aspekt bieten Schnider, F.Stenger, W., Johannes und die Synoptiker (BH IX, 1971).Google Scholar

[48] Daraus ist freilich nicht die Folgerung zu ziehen, daß der Gründer der johanneischen Schule mit dem Lieblingsjünger Jesu des Johannesevangeliums identisch sei. Daß sich auf diesen der Ausdruck απ’ αρχης der Johannesbrief bezieht (I 2. 7, 24; 3. 11; 111 6), ist mir nicht wahrscheinlich (gegen Culpepper, R. A., Johannine School [s. oben Anm. 9] 264 ff.).Google Scholar Eine Analyse aller Texte bei Lorenzen, T., Der Lieblingsjünger im Johannesevangelium (SBS 55, 1971).Google Scholar Problematisch ist die These von H. Thyen, wonach alle Lieblingsjüngertexte auf den Autor von Joh 21 zurückgehen: ‘Entwicklungen innerhalb der johanneischen Theologie und Kirche im Spiegel von Joh 21 und der Lieblingsjüngertexte des Evangeliums’, in: de Jonge, M. [Hg.], L'Éangile de Jean [s. oben Anm. 47] 259–99Google Scholar, denn offensichtlich ist das Verhältnis Petrus – Lieblingsjünger in Kap. 21 ein anderes als in Kap. 1–20.

[49] Johannes kennt nicht nur einen ‘existentialen’, sondern auch einen chronologischen Zeitbegriff, selbst wenn man die futurisch-apokalyptischen Texte nicht berücksichtigt (vgl. Joh 4. 23; 5. 25; 10. 9; 12. 25, 32; 14. 2 f.; 17. 24). Der Paraklet impliziert ebenfalls eine Zeitvorstellung, wie seine innergemeindlichen Funktionen in der nachösterlichen Situation verdeutlichen (Joh 14. 16 f., 26; 15. 26 f.; 16. 7b–11, 12–15). Auch die johanneische Forderung des μένειν (Joh 6. 27, 56; 8. 31; 14. 17; 15. 4–10) setzt ein Wissen der Gemeinde um die sich dehnende Zeit voraus.

[50] Vgl. bes. Joh 3. 3, 5, 16 f.; 6. 48–58; 10. 1–10, 11–18; 13. 34 f.; 15. 1–17; 17; 20. 19–23. – Für die Zugehörigkeit von Joh 6. 48–58 zum vierten Evangelium sind besonders eingetreten Wilckens, U., ‘Der eucharistische Abschnitt der johanneischen Rede vom Lebensbrot (Joh 6. 51c–58)’, in: Neues Testament und Kirche (FS R. Schnackenburg), hg. Gnilka, V. J. (1974) 220–48Google Scholar; Schenke, L., ‘Die formale und gedankliche Struktur von Joh 6. 26–58’, BZ NF 24 (1980) 2141.Google Scholar Zur johanneischen Ekklesiologie vgl. Lindemann, A., ‘Gemeinde und Welt im Johannesevangelium’, in: Kirche, FS G. Bomkamm, hg. von D. Lührmann u. G. Strecker (1980) 133–61.Google Scholar – Die spezifische ekklesiologische Perspektive im Johannesevangelium verbietet es, das vierte Evangelium an den Anfang der Entwicklung der johanneischen Schule zu stellen. Es ist nicht gegen Ende des ersten, sondern in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts entstanden. Dies erklärt, weshalb es weder Papias noch Justin bekannt geworden ist und seine erste eindeutige patristische Bezeugung gegen Ende des zweiten Jahrhunderts vorliegt (siehe Haenchen, E., Johannesevangelium. Ein Kommentar, hg. v. U. Busse (1980) 15).Google Scholar Auch P52 läßt eine relativ späte Datierung zu, da dieser handschriftliche Zeuge nicht mit Sicherheit im Jahr 125 (so Nestle-Aland26) angefertigt wurde, sondern für seine Entstehung mindestens die Zeit bis 150 offen bleiben muß. Diesem Ansatz entspricht die sachlich begründbare Feststellung, daß der erste Johannesbrief eher noch vor dem Johannesevangelium abgefaßt worden ist. Seine Bezeugung durch Polykarg von Smyrna (gest. 156) geht der des Evangeliums voraus. Dagegen mag der Presbyter den zweiten und dritten Johannesbrief um 100 geschrieben haben (vor dem Ende der Regierung Trajans, zur Zeit des Papias, der um 110 [so Körtner, U. H., Papias von Hierapolis, FRLANT 133 (1983) 226CrossRefGoogle Scholar ] oder um 120–30 sein Werk verfaßte).